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München – die Geburtsstadt der Ehe für alle?

  • Queermap
  • 4. Juli 2019
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Juli 2019


Eine kleine Reise zurück in die Vergangenheit: Seit 2017 gibt es in Deutschland die Ehe für alle, seit 1994 steht Homosexualität qua Gesetz nicht mehr unter Strafe und erst vier Jahre zuvor strich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität von der Liste psychischer Krankheiten. Doch schon vor über 150 Jahren forderte hier in München ein Mann, dass die Eheschließung zwischen zwei Männern rechtlich erlaubt und Homosexualität straffrei sein sollte. Dieser Mann war Karl-Heinrich Ulrichs.



Ulrichs (1825 bis 1895) gilt heute als Pionier der Sexualwissenschaft. Ein Ruhm, der ihm allerdings erst 100 Jahren nach seinem Tod zuteil wurde. Zu Lebzeiten wurde der Jurist erst aus dem Staatsdienst geworfen und später mit einem Berufsverbot belegt. Alles nur, weil er sich öffentlich dazu bekannte, Männer zu lieben. Volkmar Sigusch, einer der bedeutendsten Sexualforscher heute, nennt Ulrichs deshalb den «ersten Schwulen der Weltgeschichte». Denn man darf nicht vergessen: Zu Ulrichs Lebzeiten wurden Homosexuelle strafrechtlich verfolgt.

Revolutionär war nicht nur Ulrichs öffentliches Coming-Out, sondern auch sein Verständnis von Homosexualität. Der Begriff Homosexualität wurde erst ein paar Jahre später geprägt, weshalb er der gleichgeschlechtliche Liebe den Namen Uranismus gab. In seinen insgesamt zwölf Schriften formulierte er die Erkenntnis, dass der Uranismus auf einer natürlichen, nicht krankhaften Veranlagung beruhe. Damit war er einer der Wegbereiter der erst im Entstehen begriffenen Sexualwissenschaft.

1867 schrieb er dann den Appell, für den er später berühmt wurde. In diesem Jahr tagte in München der Deutsche Juristentag. Dort, wo heute das Bayerische Innenministerium ist. Diese Zusammenkunft wurde extra dafür eingerichtet, um einheitliche Gesetze im ganzen Reich zu schaffen. Also forderte Ulrichs Straffreiheit für gleichgeschlechtliche, sexuelle Handlungen in allen deutschen Staaten. Denn in Bayern war Homosexualität zum Beispiel straffrei, in Preußen aber nicht. Außerdem skizzierte er die Überlegungen zu einem Urnings-Bunds, also einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Sein Antrag sorgte für Tumult und schaffte es letztlich nicht auf die Tagesordnung. Ulrichs allerdings kämpfte weiter und publizierte seine Schriften und Forschungen.

Fünf Jahre trat dann der heute noch bekannte Paragraf 175 in Kraft: Homosexualität wurde fortan im ganzen Kaiserreich mit Zuchthaus oder Gefängnis geahndet. Enttäuscht ging Ulrichs ins italienische Exil.

Heute erinnern einige Plätze, Straßennamen und Auszeichnungen an den Vorreiter der lesbisch-schwulen Bewegung. In München ist es ein kleiner Platz im Glockenbach. Dort steht ein Regenbogen-Maibaum, geschmückt mit Organisationen, die in der Münchner Queer-Szene heute eine zentrale Rolle spielen. Das hätte Ulrichs gefallen können – schließlich war auch das ein Novum in München.

 
 
 

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